Meine Mutter war die größte Geschichtenerzählerin: Adania Shibli über ihren Roman "Eine Nebensache"
Im Sommer 1949 wird ein palästinensisches Beduinenmädchen von israelischen Soldaten missbraucht und ermordet. Mehr als ein halbes Jahrhundert danach macht sich eine junge Frau aus Ramallah auf, mehr über diesen Vorfall herauszufinden, der sich exakt 25 Jahre nach ihrer Geburt ereignete.
Ein Zahlenzufall bringt die Handlung des schmalen Romans „Eine Nebensache“ von Adania Shibli in Gang, der sich zu einer Reflexion über Geschichte, Gewalt, Herkunft und Grenzlinien weitet, über Einsamkeit, Identität und die inneren Checkpoints beim Durchqueren markierter und bewachter Zonen. Was damals „wirklich“ geschah, weicht dabei immer weiter ins Reich einer obsessiven Ich-Suche zurück.
Adania Shibli, geboren 1974 in Palästina, legt mit diesem Roman ihr deutsches Debüt vor. Das Buch stand auf der Shortlist des Internationalen Literaturpreises 2022 des Hauses der Kulturen der Welt. Im Gespräch umfährt die Autorin simplifizierende politische Aussagen weiträumig und beharrt auf dem „Anderen“ von Literatur, erzählt von der prägenden Geschichtenerzählerin in ihrem Leben und der Eigentümlichkeit der arabischen Literatursprache.
„Eine Nebensache“ ist im Berenberg Verlag erschienen, wurde von Günther Orth übertragen, hat 120 Seiten und kostet 22 Euro.
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