Man kann die Unterschicht riechen: Martin Kordić über seinen Roman "Jahre mit Martha"
Eigentlich hatte es ein ganz anderes Buch werden sollen, erzählt Martin Kordić, doch schon nach den ersten drei Sätzen entwickelte sich die Geschichte in eine ungeplante Richtung. Die Sätze sind geblieben am Anfang von "Jahre mit Martha", dem zweiten Roman des Schriftstellers.
Seine Figuren haben ihn einfach mitgenommen, mitgenommen in die Beziehungsgeschichte von Željko, dem Erzähler, den wir kennenlernen, als er fünfzehn ist, und Martha, einer erwachsenen Frau, einer Professorin. Ihre Geschichte wirft ein Schlaglicht darauf, was es heißt, in diesem Land als Kinder von Eltern aufzuwachsen, die auf dem Bau und als Putzfrau bis zum Umfallen arbeiten, die aus der Herzegowina noch Deutschland gekommen sind und die eine Heimat nie ganz hinter sich gelassen haben, während sie in der anderen nicht wirklich haben ankommen können. Deren Nachname es seiner Herkunft nach noch den Kindern schwer macht.
Was zwischen Željko und Martha passiert, ist schöner und schlauer als alles, was man erwarten oder befürchten könnte. Wie sich der Junge aus den Einschränkungen durch seine Herkunft herausarbeitet und wieder von ihnen eingeholt zu werden droht, ist klug konstruiert und erzählt. Was es heißt, aus einem Land zu kommen, gekommen zu sein vor vielen Jahren, das später ein Krieg zerrissen hat, schlägt mit einer solchen Wucht in den Roman, dass nicht nur Martha davon richtig schlecht wird.
Wir haben mit Martin Kordić über "Jahre mit Martha" gesprochen, über die Arbeit am Roman, seine Hintergründe und das literarische Geschick, die Figuren ihren Weg finden zu lassen. Außerdem stellen wir noch ein neues Literaturrätsel, verraten die Lösung aus dem August und natürlich auch, wer diesmal unseren Buchpreis gewonnen hat.
"Jahre mit Martha" von Martin Kordić auf der Website des S. Fischer Verlags
faz.net/literaturraetsel: Die Seite für Ihre Teilnahme am Literaturrätsel
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