Vom Benennen der fremden Welt: Ein Gespräch mit Esther Kinsky
Esther Kinsky, geboren 1956, ist eine der auffälligsten Stimmen der zeitgenössischen deutschen Literatur. Ihren Ruf erwarb sie sich zunächst als Übersetzerin aus dem Russischen, Polnischen und Englischen. In den letzten dreizehn Jahren folgten vier Gedichtbände und fünf Romane, die unter anderem mit dem Preis der Leipziger Buchmesse (für den Roman "Hain", 2018) und dem Kleist-Preis (für das Gesamtwerk) ausgezeichnet wurden. Kinskys Romane folgen keinem handlungsgeladenen Plot, sondern erzählen reflektierend, in einem Stil zwischen Essay und poetischer Beschwörung, aus der Sicht einer Frau, die sich irgendwo in der Fremde niederlässt, ohne eine Menschenseele zu kennen oder - etwa im Fall des Romans "Banatsko", der im ungarisch-serbisch-rumänischen Grenzgebiet spielt - überhaupt die Landessprache zu beherrschen.
Die Fremde und die Sprache, sagt Esther Kinsky, seien Grundgegebenheiten des Menschen. Von diesen beiden Größen handeln ihre Bücher. Und von der Landschaft: vom frischen Blick auf unbekanntes Terrain, von beiläufigen Begegnungen, aufgenommenen Spuren, Erkundungen des Geländes, das die Erzählerin auf Erinnerungen und gespeichertes Wissen untersucht.
Keiner ihrer fünf bisherigen Romane spielt in Deutschland, dem Land, in dem sie aufgewachsen ist, in dessen Sprache sie schreibt und in dessen Sprache hinein sie übersetzt. Zugleich ist sie im Deutschen eine der größten Sprachschöpferinnen, die heute zu entdecken sind. Ich traf Esther Kinsky in Berlin, um über all das zu sprechen: Fremde, Vielsprachigkeit und den Dreischritt von Sehen-Erkennen-Benennen.
Esther Kinskys jüngster Roman, "Rombo", ist im Suhrkamp Verlag erschienen, hat 264 Seiten und kostet 24 Euro.
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