Besessenheit und Sehnsucht: Ein Gespräch mit Tobias Rüther über seine Herrndorf-Biographie
Sein Roman „Tschick“ ist einer der großen deutschsprachigen Bestseller der letzten Jahrzehnte und hat sich als Schullektüre auf mehrere Kontinente ausgebreitet. Wolfgang Herrndorf, der Autor, war ursprünglich Maler, pflegte aber einen so hingebungsvoll altmodischen Stil, dass er von seiner Kunst nicht leben konnte. Danach versuchte er es als Illustrator. Der Sensationserfolg seines Romans „Tschick“ erreichte ihn erst, als ein 2010 diagnostizierter Gehirntumor seinem Leben bereits eine enge Frist gesetzt hatte. Mit frenetischer Energie schrieb Herrndorf neben „Tschick“ in seinen letzten drei Lebensjahren den Blog „Arbeit und Struktur“ sowie weitere erzählerische Werke. Im August 2013 setzte er seinem Leben ein Ende.
Worin kann die biographische „Wahrheit“ eines solchen Extremkünstlers, der immer allein gelebt und seine Lebensbedingungen selbst gewählt hatte, überhaupt bestehen? Muss der Biograph alles sagen? Nur das Wichtigste? Nur das Skandalöse? Sollte er Angehörige und Freunde schonen? In „Herrndorf. Eine Biographie“ gelingt es Tobias Rüther, einerseits gründlich, aber nicht pedantisch zu sein - und andererseits die wesentlichen Linien im Leben des Wolfgang Herrndorf nachzuzeichnen, ohne die Genauigkeit des Biographen mit Voyeurismus zu verwechseln. So hält sein Buch die ideale Balance zwischen Intimität und Distanz.
„Herrndorf. Eine Biographie“ von Tobias Rüther ist im Verlag Rowohlt Berlin erschienen, hat 385 Seiten und kostet 25 Euro.
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