F.A.Z. Bücher-Podcast

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Wie ein Hund, der sich an seinen Retter klammert: Katja Petrowskaja über ihr Buch „Als wäre es vorbei“

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Kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine kamen schon die ersten Bücher darüber heraus, und manche von ihnen sagten uns Westeuropäern, dass unsere Erschütterung ziemlich spät eingesetzt hat und wir wesentliche Entwicklungen dieses Konflikts verschlafen haben. So vieles hätten wir wissen können – und haben es nicht gewusst oder wollten es nicht wissen. Und dass viele von uns noch immer nicht begriffen haben, was auf dem Spiel steht, wird offenbar, wenn man sich nur durchs Internet bewegt.

Wie überhaupt davon sprechen? Diese Frage stellt sich in manchen Texten, die vom Krieg handeln. Greift Sprache nicht zu kurz, macht es sich zu leicht, bleibt hinter jeglicher Realität der Kriegserfahrung zurück? Aber was, wenn man schreiben und erzählen muss, um nicht durchzudrehen? Was, wenn das Schreiben ein Mittel der Vergegenwärtigung, der Entschleunigung und der Reflexion ist? Katja Petrowskaja, geboren 1970 in Kiew, hat über mehrere Jahre hinweg eine besondere Art von Texten geschrieben. Für die F.A.S. vertiefte sie sich in Fotos, eigene und fremde, und ließ sich für ihre kurzen Stücke zu weiteren Gedanken verleiten: Was sieht sie dort? Was löst es aus? Welche Assoziationen stellen sich ein? Oder auch – besonders für Leser wie uns, die kaum etwas von der Ukraine kennen: Welche Wirklichkeitspartikel sind in manchen Fotografien aufbewahrt, Kleinigkeiten des Alltags, der uns sonst so gewöhnlich vorkommt und jetzt so gefährdet?

Dieses Buch mit dem Titel „Als wäre es vorbei“ handelt von Dingen, Menschen und Tieren. Das Foto auf dem Cover, aufgenommen von einer Dreizehnjährigen in den ersten Kriegstagen, ist ein Selbstporträt, etwas verwischt, wie in der Bewegung, mit geöffnetem Mund und einem kaum deutbaren Gesichtsausdruck, in jedem Fall ein vitales, ja trotziges Bild. Oder wie Katja Petrowskaja schreibt: „Das Selfie, das wir hier sehen, ist als Abwehr gegen die Bedrohungen des Krieges entstanden, in dokumentarischem Schwarz-Weiß, als Zeichen des Überlebens.“ Als solch ein Zeichen ist auch dieses Buch zu verstehen.

„Als wäre es vorbei“ von Katja Petrowskaja ist erschienen im Suhrkamp Verlag, hat 220 Seiten und kostet 25 Euro.


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Über diesen Podcast

Die F.A.Z.-Redakteure Maria Wiesner, Fridtjof Küchemann, Kai Spanke und Paul Ingendaay stellen im Bücher-Podcast der F.A.Z. ausgewählte Neuerscheinungen und Klassiker der Literatur vor. Sie sprechen mit Schriftstellern, Übersetzern und anderen Experten des Literaturbetriebs und beschäftigen sich mit den Eigenheiten des literarischen Lebens und Lesens.
Jeden Sonntag erscheint eine neue Episode. Einmal im Monat wird ein Literaturrätsel gestellt und unter den Einsendern der richtigen Lösung ein Buch verlost. Viel Spaß beim Mitmachen!

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von und mit Frankfurter Allgemeine Zeitung

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